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Festsetzung einer Fußgängerzone

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Der eigentumsrechtliche Schutz des Anliegers – der sogenannte Anliegergebrauch – wird durch einen Bebauungsplan, der einen Straßenabschnitt in eine Fußgängerzone festsetzt, dann nicht unangemessen verkürzt, wenn Lieferverkehr von 5:00 bis 11:00 Uhr sowie An- und Abfahrten zu privaten Stellplätzen zugelassen ist.

Mit dieser Begründung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in dem hier vorliegenden Fall zwei Bebauungspläne, die für mehrere Straßenabschnitte in der Altstadt von Koblenz eine Fußgängerzone festsetzen, als wirksam angesehen. Die beiden Bebauungspläne umfassen den Bereich Entenpfuhl/Kornpfortstraße und den Bereich an der Liebfrauenkirche, Braugasse, Münzstraße. Sie beschränken dort den öffentlichen Verkehr auf Fußgänger. Zugelassen sind darüber hinaus Fahrradfahrer und Lieferverkehr in der Zeit von 5.00 bis 11.00 Uhr sowie An- und Abfahrten zu privaten Stellplätzen.

Der Antragsteller ist Eigentümer eines betroffenen Anliegergrundstücks, das mit einem von ihm mitbewohnten Mehrfamilienhaus bebaut ist, das im Erdgeschoss gewerblich genutzt wird. Er begehrte mit seinem Normenkontrollantrag, die Bebauungspläne für unwirksam zu erklären. Zur Begründung erhob er eine Vielzahl von Einwänden. Insbesondere machte er geltend, die Stadt Koblenz habe keine ausreichenden Zufahrtszeiten für Anwohner festgesetzt. Berufstätige könnten ihre Einkäufe in den Nachmittags- und Abendstunden nicht nach Hause bringen. Ältere und kranke Menschen könnten außerhalb der Lieferzeiten nicht zu ärztlichen Terminen fahren oder abgeholt werden.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz sei die den Plänen zugrundeliegende Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange nicht fehlerhaft. Der eigentumsrechtliche Schutz des Anliegers – der sogenannte Anliegergebrauch – werde durch die Bebauungspläne nicht unangemessen verkürzt. Ein Heranfahren an die angrenzenden Grundstücke, etwa zum Zweck der Belieferung mit Versorgungsgütern und Gegenstanden des täglichen Bedarfs, sei durch die Lieferverkehrszeiten in ausreichendem Umfang gewährleistet. Die von der Antragsgegnerin angegebenen Gründe für den Verzicht auf umfänglichere Lieferzeiten ? Gewährleistung einer einheitlichen Regelung mit anderen Fußgängerzonen und Dichte des Fußgängerverkehrs in den Geltungsbereichen der Bebauungspläne auch in den Nachmittags- und Abendstunden – seien vertretbar. Zwar habe dies für die Anlieger durchaus Beschränkungen der Erreichbarkeit ihrer Wohnungen und Betriebe durch Fahrzeuge zur Folge. Die Aufrechterhaltung oder Schaffung einer “optimalen” Verkehrsanbindung sei jedoch vom Anliegergebrauch nicht geschützt. Durch die Einschränkung der Zufahrtsmöglichkeiten konkretisiere sich vielmehr die durch die die Lage des Grundstücks in einer vielbesuchten Innenstadt bestehende Vorbelastung, aufgrund derer bei einer Änderung der städtebaulichen Zielvorstellungen sowie beim Auftreten neuer Verhältnisse mit derartigen Änderungen gerechnet werden müsse.

Für besondere Einzelfälle habe die Stadt Koblenz von einer abschließenden Konfliktbewältigung schon im Bebauungsplan Abstand nehmen und diese nachfolgenden Verwaltungsverfahren über die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen überlassen dürfen. Dies gelte für Genehmigungen für Firmenfahrzeuge einzelner Betriebe, die auf eine Zufahrt mit Fahrzeugen außerhalb der festgesetzten Andienzeiten aufgrund ihrer Betriebsstruktur angewiesen seien, ebenso wie für die Erteilung von Einfahrtberechtigungen für den Ärztenotdienst Koblenz e.V. und Taxi- und Funkmietwagenunternehmen, wovon gerade Senioren oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen profitierten, sowie für Handwerkereinsätze und den Altstadt-Express.

Daher greifen die erhobenen Einwände gegen die Festsetzung eines Fußgängerbereichs in den angefochtenen Bebauungsplänen nicht durch und das Oberverwaltungsgericht lehnte den Normenkontrollantrag ab.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Dezember 2014 – 1 C 11164/13.OVG


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